Artikel auf www.diemucha.at am 8.10.2002

Betrifft: Arbeiter-Samariter-Bund Traiskirchen

Bestattung schneller als Notarzt?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, was im Ernstfall passiert? Ernstfall bedeutet in diesem Fall Herzinfarkt, Schlaganfall oder epileptischer Anfall.

Haben Sie sich alle Telefonnummern für so einen Fall hergerichtet? Wird auch egal sein, denn auch wenn Sie schnell reagieren, der Amtsschimmel wiehert. In unserem Fall stellt sich die Frage, wer schneller kommen würde, der Samariterbund/Notarzt oder die Bestattung.

So geschehen am Sonntag, den 6.10.2002, um 14 Uhr. Mein Sohn Jochen, der sich seit einem schweren Verkehrsunfall im Dezember 1999 im Zustand des Wachkomas (Apallisches Syndrom) befindet, hatte einen epileptischen Anfall. Anruf beim ASB Traiskirchen um 14.08 Uhr mit der Bitte um sofortiges Schicken des Notarztes mit Durchgabe des Grundes Epileptischer Anfall und der genauen Adresse.

Der Journalbeamte fragt nach dem Namen, will ihn sich buchstabieren lassen, versteht nicht gleich, schreibt falsch, fragt nochmals nach. Ich weise ihn an, erst einmal den Notarztwagen zu schicken, alles Weitere könne man dann nachher erledigen. Denn zwischendurch könnte mein Sohn ja auch ersticken.

Was tut der gute Mann, entgegen meiner Bitte um den Notarzt, schickt er einen Rettungswagen mit zwei Sanitätern, die zwar sehr nett, doch in Anbetracht der Situation auch äußerst hilflos sind, jedoch sofort den Notarztwagen anfordern. Anscheinend heißt die Devise: zuerst begutachten und dann erst helfen.

Der kommt mit voller Besatzung um 14.30 Uhr, nach ein paar Minuten und dem Spritzen eines hochwirksamen Medikamentes steht der Anfall.

Muss erst ein Todesfall eintreten, dass man in Ernstfällen sofort den Notarzt geschickt bekommt? Wird jeder Ernstfall einmal als Bagatelle abgetan, obwohl Angehörige, die schon seit fast drei Jahren mit einem Menschen leben, der schwer krank ist, die Situation vielleicht genauso gut beurteilen können, wie ein Sanitäter?

In unserem Fall ist alles halbwegs glimpflich abgegangen, von den verlängerten Qualen meines Sohnes einmal abgesehen. Denn dass so ein Anfall kein Honigschlecken ist und den gesamten Körper und das Gehirn in Mitleidenschaft zieht, versteht sich von selbst.

Oder zählt ein Menschenleben eines (vorher) gesunden Menschen mehr, als eines von einem Menschen, der schon vor dem epileptischen Anfall schwerstens krank war?

Schnelle Hilfe? Nicht beim ASB Traiskirchen!

Reaktionen:

uschi (22.2.2005, 23:02)
wir hatten leider schon wieder so ein problem. mein sohn hatte schon wieder einen epileptischen anfall. habe selbst psychopax-tropfen verabreicht und als der notarzt, den ich diesmal unter der nummer 141 angerufen habe, eintraf, stand der anfall! die waren übrigens in ca. 8 minuten da! danke für den hinweis mit er telefonnummer!

rettungssani (13.11.2002, 18:32) 
Liebe Uschi!
Da der Chef der betroffenen Rettung hier keine Stellungnahme abgibt, möchte ich ein paar Worte loswerden. Ich habe selbst an dieser Rettungsstelle Dienst getan! Außerdem kenne ich auch das Einsatzgeschehen in Deinem Fall. Der Kollege im Journal hätte natürlich sofort den NAW alarmieren müssen, hat dies aber leider unterlassen. Er wartet immer auf eine Rückmeldung. Auch ich habe oft mit ihm Dienst getan, und hab das letztendlich seinentwegen gelassen. Geändert hat sich nichts, obwohl ich mehrmals darauf hingewiesen habe, daß er einfach oft überfordert ist. Das Problem ist, daß das Rettungswesen ohne ehrenamtlichen Kollegen fast nicht möglich ist. Trotzdem sollte nicht jeder Dahergelaufene Dienst machen dürfen. Da wiederrum liegt das Problem beim Dienststellenleiter, der sich leider keinerlei Gedanken über das Personal macht. Hauptsache: "ich brauch nicht für euch dienst machen" (zitat) ! Offizielle Beschwerden am besten an den Landesverband!! 
alles liebe... 

orangedream (5.11.2002, 20:15) 
Danke CCFP für deine Stellungnahme, ich bin genau deiner Meinung! Abbestellen kann ich ein Notarzt-Mittel immer noch... 

CCFP (5.11.2002, 11:33) 
Doch doch, der ASB weiß es. Per NÖN gab der techn. Leiter eine Art "Stellungnahme" ab - man habe den NAW deshalb nicht sofort geschickt, weil "in 90 Prozent der Notfälle der Notarzt sowieso nicht nötig sei" und der Wagen sich abgesehen davon ohnehin gerade im Einsatz befunden habe... (Seltsam, als Minuten später die Sanitäter eintrafen, war er dann wieder verfügbar? - Naja, soll so sein...). Von so einer Stellungnahme (meine Quelle ist, wie gesagt, die NÖN) kann man nun halten, was man will. Für mich ist und bleibt das Meldebild "Epilepsie" eine klare Indikation für einen Notarzteinsatz, egal, wer den Notruf entgegen nimmt und wo. Stell das ersteintreffende Rettungsteam fest, dass die Notarztanforderung nicht nötig war (entsprechende notfallmedizinische Qualifikation des Sanitätspersonals vorausgesetzt), kann der Notarzt immer noch storniert werden. Na wie auch immer, hoffentlich geht es dem Sohn von Uschi wieder den Umständen entsprechend gut. 

orangedream (4.11.2002, 20:11) 
Hast du die Leute vom ASB selber angeschrieben? Vielleicht wissen die selbst gar nichts von dieser Beschwerde... 

uschi (4.11.2002, 15:32) 
Was der ASB Traiskirchen dazu sagt? NIX !!! Weder hier noch bei mir irgendeine Reaktion. Super, gell ??? 

orangedream (31.10.2002, 06:29) 
@ CCFP, da gebe ich dir vollkommen recht. Aber was ist dir dann lieber. Wenn die Rettungsstelle in deinem Ort aufgelasssen wird, oder irgendwelche Pensionisten eben das Telefon bedienen... (wobei ich aus eigener Erfahrung weiß, dass es auch hier Leute gibt, die's voll checken!)
Ich bin natürlich auch für Qualität im Rettungsdienst. Interessieren würde mich, was der ASB Traiskirchen dazu sagt... 

CCFP (28.10.2002, 22:15) 
@ sissy: Mein Beitrag sollte in keiner Weise das Geschehene relativieren. Auch viel Kollegen und ich ärgern uns oft über diverse unverständliche Vorkommnisse in der Welt der Notfallmedizin. Ich habe die Zeilen nur veröffentlicht, um vielleicht andere davor bewahren zu können, in diese "Notruf-Falle" zu tappen.
@ orangedream: Schön und gut, doch darf Freiwilligkeit niemals eine Entschuldigung für mangelnde Qualität sein. Egal, ob jemand den Job hauptamtlich oder ehrenamtlich ausübt - dem Patienten ist das egal. Ich kann mich auch nicht zu einem Schwerverletzten begeben und vielleicht sagen: "Tja, sorry, ich mach das nur freiwillig, also erwarten Sie bitte keine Kompetenz von mir..." Dafür ist die Branche zu heikel. Also entweder jemand BEHERRSCHT sein Handwert - in diesem Fall eben die Notfallmedizin - oder er lässt besser die Finger davon. Egal, ob im Haupt- oder Ehrenamt.

orangedream (23.10.2002, 21:52) 
Liebe Sissy, ihr Fall tut mir sehr leid, aber soviel ich weiß gibt es unser derzeitiges Notarztsystem (also der Arzt kommt zum Patienten und nicht umgekehrt) erst seit 1990... genau weiß ich das aber leider auch nicht. Damals arbeiteten die Rettungen noch unter dem Motto "einpacken und ins Krankenhaus bringen". Die Sache von uschi ist natürlich auch sehr tragisch, wobei das ganze ja noch glimpflich ausgegangen ist. Man darf nicht vergessen, dass die meisten Rettungen auf Basis der Freiwilligkeit ausgerichtet sind. Leider zieht dies hin und wieder schwere Folgen nach sich.

Sissy (23.10.2002, 17:51) 
@CCFP: Das ist durchaus möglich, daß es sich dabei um den Ärztefunkdienst gehandelt hat. Meine Mutter hatte es damals als "Notdienst" bezeichnet und ich war 12 Jahre alt und kannte die Unterscheidung nicht. Fakt ist aber, dass sie die Symptome, die Dringlichkeit und die Gefahr am Telefon genau erklärt hat! Wir wussten ja aufgrund seiner vorherigen Erkrankungen womit bei meinem Vater zu rechnen war (Es war ja nicht der erste Herzinfarkt, den wir bei ihm erlebten). Hätte dann welcher Dienst auch immer da am Telefon war derjenige vielleicht GLEICH darauf hinweisen können, daß wir uns an die Rettung wenden müssen? Bzw. vielleicht sogar selber die Rettung oder einen "echten" Notfallmediziner aktivieren können? Im Nachhinein war uns diese "technische Aufklärung der Unterscheidungsmerkmale" nicht mehr sehr hilfreich! Wie wäre es mit Handeln, eine Aktion setzen gewesen? Schließlich ruft man mitten in der Nacht ja nicht zum Spaß den Notruf an, sondern weil man dringend Hilfe braucht! 

CCFP (23.10.2002, 09:29) 
@ doc_141
Natürlich ist es 141; ein paar Zeilen darüber hatte ich das ohnehin auch so geschrieben. 133 war natürlich ein Fauxpas. Ich wollte da eine Zusammenstellung der gültigen Notrufnummern anführen, wurde aber beim Schreiben unterbrochen und hab dann irgendwie falsch angeknüpft. Tut leid ;-)
Also: 
144 - Rettung & Notarzt in allen (!) medizischen Notfällen
141 - Ärztenotdienst/Ärztefunkdienst, der nachts und am Wochenende den Besuch des Hausarztes vertritt und kein Notfallrettungsmittel darstellt. 

doc_141 (19.10.2002, 01:20) 
@CCFP: Die Telefonnummer des ÄFD ist 141 und nicht 133, da meldet sich der diensthabende Beamte des Polizeinotrufes, Kollege ;-) 

CCFP (18.10.2002, 09:22) 
@ Sissy: Moment, ich glaube, hier liegt eine gravierende (aber immer wieder kehrende) Verwechslung vor. Was du zu meinen scheinst, ist nicht der Notarzt, sondern der Ärztefunkdienst. Der NOTARZT hat eine Eintreffzeit von max. 12-15 min. (gesetzliche Hilfsfrist) und ist Bestandteil des Rettungsdienstes (Tel. 144 Notruf). Der Ärztefunkdienst ist nur nachts und am Wochenende da und KEIN NOTFALLRETTUNGSDIENST, sondern vertritt nur den Hausarztbesuch (Tel. 141, es kommt kein Notfallmediziner, sondern ein praktischer Arzt, der auch nicht zwangsläufig viel Ausstattung mitführen muss). So gesehen war die Aussage der Funkdienstärztin (wie ich vermute) vollkommen korrekt: im Notfall ist die RETTUNG unter 144 zu rufen, die ggf. den NOTARZT entsendet. Der Ärztefunkdienst (Tel. 133) wird zwar fälschlicherweise oft als Notarzt bezeichnet, hat mit diesem aber absolut gar nichts zu tun - und durch diese Missverständnisse bei den Bürgen kommt es dann oft zu solch dramatischen Ereignissen. 

Sissy (16.10.2002, 16:54) 
@uschi: Du fragst was im Ernstfall z.b. eines Herzinfarktes passiert? Das kann ich Dir sagen: der Tod tritt ein.....so geschehen vor 15 Jahren bei meinem Vater. Mitten in der Nacht begann er sich nicht wohlzufühlen, und da er schwer herzkrank und Diabetiker war hat meine Mutter sofort den Notarzt gerufen und am Telefon auch darauf hingewiesen, daß der Mann schwer krank ist und bereits einen Herzinfarkt gehabt hatte. Und obwohl es um 1 Uhr nachts wohl kaum maßgebliche Verkehrsstaus in Wien gibt brauchte es 50 Minuten (!!!) bis der Notarzt-Wagen eintraf. Zu diesem Zeitpunkt war der Zustand meines Vaters bereits dramatisch, er war nicht mehr ansprechbar und starb etwa eine Viertelstunde später. Und von der Notärztin bekamen wir noch den weisen Rat wir wären ja selber schuld, in so einem dringenden Fall ruft man doch nicht den Notarzt sondern die Rettung, das weiß doch jeder....sprach's und ließ meine Mutter als Witwe und mich als 12-jährige Halbwaise zurück.... 

interessierterbürger (14.10.2002, 17:27) 
Liebe Uschi!
Ich bin selbst im Rettungs- und Notarztdienst tätig und möchte meine besten Genesungswünsche für Ihr Kind zum Ausdruck bringen.
Ich kann und will den Kollegen vom ASB Traiskirchen nichts unterstellen, finde ihren "Rufmord" "schnelle Hilfe - nicht beim ASB Traiskrichen" jedoch unangebracht. Ich kann verstehen, dass Sie aufgebracht sind, und ein "Status Epilepticus" stellt zweifelsohne eine Notarztindikation dar, doch wissen Sie, weshalb der Disponent den Notarzt nicht gleich mitalarmiert hat? Vielleicht war der Notarzt gerade im Einsatz? Ich denke, bei allem Leid als betr. Mutter, etwas mehr Objektivität und Differenzierung wäre wünschenswert! 

CCFP (14.10.2002, 15:55) 
Eine kleine Anmerkung meinerseits dazu, auf die ich Wert lege: ich möchte hier dem betreffenden Disponenten des ASB Traiskirchen keinerlei Fehlverhalten pauschal unterstellen, da ich bei diesem Einsatz nicht dabei war und daher genau so "Außenstehender" bin wie alle anderen. Ein "Außenstehender mit Kenntnis der Materie Notfallmedizin", der allerdings behauptet: WENN es sich so zugetragen hat wie hier geschildert, gehe ich von einer mir unverständlichen Entscheidung des Disponenten aus, die ich bestimmt nicht so gefällt hätte. Sollten andere Umstände zur verzögerten Notarzt-Entsendung geführt haben, relativiert sich das ganze natürlich entsprechend, denn so etwas kann auch jederzeit passieren. Ich hoffe, dass es dem betreffenden Patienten mittlerweile wieder 'gut' geht (sofern man beim apallischen Syndrom davon sprechen kann) und der Anfall keine schlimmeren Schäden hervorgerufen hat. Über alles andere kann und will ich nicht urteilen. 

Katzenmensch (11.10.2002, 12:16)
Da mich schon einige Male eine Nierenkolik plagte, weiss ich wie es ist, wenn man so lange auf Hilfe zu warten hat. Meine Stimme habt Ihr! Herbert

CCFP (10.10.2002, 14:54)
Da ich selbst im Notarztdienst tätig bin, erschüttern mich derartige Meldungen natürlich schon sehr. Wenn es sich so zugetragen hat wie angegeben, liegt zweifelsfrei ein Fehlverhalten des Leitstellen-Disponenten vor. Ein sogenannter Status Epilepticus (ununterbrochene Serie von Krampfanfällen) ist eine eindeutige Notarzt-Indikation. Die Entsendung eines Rettungswagens ist zwar korrekt, darf aber nicht anstatt der zeitgleiche Alarmierung des Notarztwagens erfolgen. Ich gehe davon aus, dass der betreffende Disponent mit seiner Aufgabe überfordert war/ist und würde empfehlen, ein höfliches, aber bestimmtes Schreiben an die sogenannte Technische Leitung des ASB Traiskirchen richten. Auch wenn es mich nicht persönlich betrifft, entschuldige ich mich an dieser Stelle für dieses für mich unverständliche Handeln des betreffenden Disponenten und hoffe, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passieren möge. Liebe Grüße und alles Gute notarzt@aon.at

Manja (9.10.2002, 10:28)
Auch ich kann da wirklich mitfühlen. Wir hatten ebenfalls so ein Erlebnis wie @verwundert. Mein Sohn hatte ebenfalls einen Pseudokrupp-Anfall. Wir riefen bei der Notarztnummer an und bekamen zu hören, es wäre im Moment kein Notarzt da man könnte uns aber einen Rettungswagen schicken der uns ins Spital bringt (wir leben am Land ca. 30 km von Wien). Auf das haben wir natürlich nicht gewartet, mein Sohn war halb am Ersticken, wir rasten selbst ins Spital. Einige Zeit später sprach mein Mann mit einem Sanitäter von der Notarztstelle, den er privat kennt. Er berichtete ihm von dem Vorfall, und der Sanitäter war ganz verwundert und meinte es wäre die ganze Nacht eh kein Einsatz gewesen, der Notarzt wäre die ganze Nacht anwesend gewesen. Wir waren natürlich sehr verärgert als wir das hörten und auch sehr verwundert.

verwundert (9.10.2002, 08:46)
Liebe Uschi! Diese Situation ist schrecklich. Ich hatte ein ähnliches Erlebnis mit der Wiener Rettung, als meine Tochter noch ein Baby war. Sie litt an Pseudo Krupp und wäre mir beinahe erstickt, wenn ich nicht mit ihr ins Krankenhaus gerast wäre, denn die Rettung hat mich damals auch im Stich gelassen. Ich kann nur sagen, ich wünsche Euch von ganzem Herzen alles erdenklich Gute und das es nie wieder zu so einer Situation für Euch kommen mag.